Wie man sich in Gegenwart einer Kamera wohlfühlt

Lesley Kinzel von Two Whole Cakes (sehr schönes Body-Acceptance-Blog) schreibt darüber, wie man sich nicht mehr vor Fotos fürchten muss. Kennen wir Dicke ja alle: Man versucht, auf so wenigen Aufnahmen wie möglich drauf zu sein, denn oh mein Gott seh ich fett aus auf den Bildern. Ja, mag sein. Aber interessanterweise gibt es auch genug schlanke Menschen, die nicht gerne fotografiert werden, und die sehen wahrscheinlich nicht fett aus. Und nebenbei: Niemand mag sein Passfoto.

Ich zitiere Leslie:

„Sometimes, seeing an unflatting photograph of yourself can hit you like a punch. We’ve all had this experience, when our comfortable self-image is shattered by a photograph that looks nothing like what we expect, or hope, and when the apparent Truth of a photograph that we can hold and mourn over takes precedence over the perceived reality inside our heads.

Of course the photograph must be right, and we must be wrong; the photo is right there, and everyone can see it! Our self-perception is internal, and truly known only to ourselves.

Except, of course, that photo is not all of you. It is a tiny moment of you in an exclusively visual format. The fact of the matter is that this is not what people see when they look at you — it is a piece of what they see, but they also see your smile, your personality, your constantly-in-motion reality.

Photos are one-dimensional, unmoving and flat, and we are living, trembling, multidimensional flesh. A single photograph can’t hope to capture all of this, nor can it hope to capture the inner light that makes you, you.

Yeah, you’ve probably heard that before. It’s the kind of thing you can know intellectually but not quite get into regular practice. You’re a special snowflake! A mere camera could never emcompass the magnitude of your presence! It really is true, though.“

Lesley gibt dann ein paar Tipps, die man sich selbst die Angst davor nehmen kann, fotografiert zu werden. Einer davon ist: viel mehr Fotos von sich machen und angucken. Ich weiß, das fällt erstmal schwer, vor allem, wenn man sich vielleicht noch nicht ganz akzeptiert hat, wie man ist: dick. Wenn man immer noch ganz tief in sich drin glaubt, man wäre eigentlich dünn und müsste nur ein bisschen was dafür tun, es auch zu sein. Und so lange man es nicht ist, will man eben nicht auf Bildern erscheinen.

Quatsch. Wenn du da bist, wo ich bin – dick und zufrieden damit –, dann wirst du merken, wie wenig es dir auf einmal ausmacht, auf Fotos draufzusein. Und du wirst merken, dass die Kamera dir keine Angst mehr macht.

Ich hatte vor kurzem einen äußerst netten Abend mit ein paar Menschen, die ich vorher nur aus diesem Internetdings kannte. Wir haben uns nach einem Fußballspiel getroffen (ja, ich bin Bayern-Fan, get over it), viel getrunken, noch mehr geredet und noch viel mehr gelacht, und irgendwann zückte jemand seine Kamera und fing an, Bilder zu machen. Was man eben so macht, wenn man viel Spaß hat und diese schönen Momente festhalten will. Was übrigens der einzige Grund ist, warum Menschen von dir Fotos machen möchten: weil es gerade nett mit dir ist. Und nicht, weil sie dir zeigen wollen, wie scheiße du aussiehst.

Meine erste Reaktion war wie früher: oh crap, eine Kamera. Das hat aber genau eine Millisekunde gedauert, und dann habe ich wieder geredet, gelacht, getrunken und einfach vergessen, dass da jemand fotografiert. Weil’s viel toller ist, zu reden, zu lachen und zu trinken anstatt sich Sorgen darüber zu machen, wie ich dabei aussehe.

Die Bilder habe ich ein paar Tage später per Mail bekommen. Und natürlich war kurz die alte Anke wieder da, die als erstes das Doppelkinn sah, die ungezupften Augenbrauen, die glänzenden Wangen, die verzauselten Haare. Aber das hat nicht lange gedauert, denn dann habe ich viel mehr gesehen: das ungekünstelte Lachen. Den offensichtlichen Spaß, den ich hatte. Und dass die Haare verzauselt waren, weil sie vorher in einem windigen Stadion waren. Und dass die Wangen glänzten, weil ich hervorragende Cocktails in mich reinschütten durfte. Und dass mein Doppelkinn zeigt, wieviel Genuss ich in meinem Leben schon erfahren habe. Und dass die Augenbrauen ungezupft waren, weil ich verdammt nochmal was Besseres zu tun habe als mir mit einer Pinzette Haare einzeln vom Kopf zu reißen.

Wie ich schon in der „Deern“ schrieb: Schaff dir Gegenbilder zu den allgegenwärtigen Modelfotos, denen du eh nicht entsprechen kannst. Und das beste Gegenbild bist du selbst. In deinen Lieblingsklamotten. An deinem Lieblingsplatz. Mit deinem Partner, deinen Freunden, deinen Kindern, deinen Haustieren. Lass dich fotografieren, wann immer es geht. Und dann guck dir die Bilder an und erinnere dich, wie großartig der Tag war.


(Foto von Lizas Welt)

„Die dünnen Mädchen“

In der ZDF-Mediathek ist ein sehr guter und sehr anstrengender Film vorhanden: „Die dünnen Mädchen“ vom Maria Teresa Camoglio erzählt von verschiedenen Anorexie-Patientinnen und ihre Wege in die Krankheit. Da ist der klassische Weg – „Ich fühlte mich zu dick und wollte abnehmen“ –, aber der Film zeigt auch, wie vielfältig die Gründe sind, sich dem Essen zu verweigern. Die Sehnsucht, geliebt zu werden; die Angst vor dem Erwachsenwerden; die Weigerung, sich vom Rest der Welt anschauen und objektifizieren zu lassen und einige mehr. Große Empfehlung. Macht allerdings alles andere als gute Laune.

“My body deserves respect and admiration”

„My body is not a representation of my failures, sins, or mistakes. My body is not a sign that I am in poor health, or that I am not physically fit. My body is not up for public discussion, debate or judgment. My body is not a signal that I need your help or input to make decisions about my health or life. My body is the constant companion that helps me do every single thing that I do every second of every day and it deserves respect and admiration. If you are incapable of appreciating my body that is your deficiency, not mine, and I do not care.“

Thank you, Ragen.

„Das Schweigen der Hühner“

Schon etwas älter, aber immer noch sehr lesenswert: ein Bericht des Spiegel, wo Industriefutter herkommt.

„Der SPIEGEL ist in verschiedene Discounter gegangen und hat eingekauft für ein zufälliges Menü mit drei Gängen, Massenware für den Massenkonsum. Das Menü kostet 7,19 Euro für vier Personen.

Die Vorspeise: Pilzsuppe.

Der Hauptgang: Nudeln mit Hackfleischsauce.

Das Getränk: spanischer Rotwein.

Die Nachspeise: Waffeln mit Vanilleeis.

In den Regalen der Supermärkte begann die Suche nach einer Antwort auf die Frage, warum der Verbraucher nicht weiß, was er isst. Um die Menschen zu treffen, die die Bestandteile des Menüs herstellen, mussten 89 E-Mails geschrieben werden, und manchmal vergingen Wochen, bis eine Antwort kam.

Die Suche führt aus Deutschland hinaus nach Spanien, Italien, Holland, Belgien und dann wieder quer durch Deutschland, es ist die Reise in eine Welt mit einer eigenen Sprache und mit Regeln, die nur der kennt, der dazugehört. Es ist der Trip in eine Unterwelt.

Wer diesen Trip erlebt hat, wird daraus die Lehre ziehen: Essen schmeckt besser, wenn man nicht weiß, wo es herkommt.“

(via Foodfreak auf G+)

Fat Hate Bingo

In so ziemlich jeder Diskussion um Übergewicht und warum es so fürchterlich, FÜRCHTERLICH schlimm ist, kommen irgendwann immer die gleichen Platitüden, die sich als Argumente tarnen, aber ziemlicher Blödsinn sind. Body-Acceptance-Blogger Red No. 3 hat daraus eine Bingokarte gebastelt. Zurücklehnen, warten, bis die Schlagworte fallen, auf der Karte ankreuzen, und sobald man fünf in einer Reihe gehört oder gelesen hat, „BINGO!“ brüllen. Herzlichen Glückwunsch.

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